GEGENARGUMENTE

 

Fair Trade

 

Ein weiters Stück Verwirklichung seiner Gemeinwohlökonomie mitten im Hier und Heute sieht Felber im „Fair Trade“. Der „faire Handel“ setzte einen „Kontrapunkt zu „Freihandel“ und „Billigstbieterprinzip““(S 116). Mit dem Kauf von Fair-Trade-Waren könne man sicher sein, Waren zu erwerben, bei deren Produktion Menschen- und Arbeitsrechte ebenso gewährleistet seien wie der Schutz der Umwelt. Kurz, wo Fair Trade draufklebt, sei keine Ausbeutung drin - weder die von Mensch noch die von Natur. Daher würden in der Gemeinwohlökonomie

 

fair gehandelte Produkte so lange gegenüber unfairen in Vorteil gestellt, bis nach einer mehrjährigen Übergangszeit nur noch faire Produkte in den Regalen stünden. Das ließe sich mit einem jährlichen Zollaufschlag von beispielsweise zehn Prozent auf unfaire Produkte erreichen – bald wären die fairen Produkte preisgünstiger.“ (S 116)

 

1.

Was alles muss als selbstverständlich unterstellt sein, wenn man meint, fairer Handel samt geprüftem Gütesiegel und einem dadurch gerechtfertigten höheren Preis würde die Welt wenigstens ein Stück weit besser machen.

 

Für selbstverständlich und nicht weiter zu würdigen hält man den Umstand, dass Unternehmen Waren einzig deshalb auf den Markt bringen, um durch ihren Verkauf Geld zu verdienen. Dass die Wirtschaft so funktioniert und funktionieren muss ist Konsens unter Betreibern wie Kunden von Fair Trade.

 

Dabei ist genau dieser Umstand Grund aller beklagten Übel. Wenn für Geld produziert wird, ist der Gewinn der Unternehmer umso größer, je geringer seine Produktionskosten sind: Kinderarbeit und Tagelöhnerei sind die längst nicht mehr nur in der 3.Welt zu bewundernden Konsequenzen; Pestizide steigern den Ernteertrag ebenso wie Gentechnik, welche die Pflanzenwelt diesen Giftcocktail überhaupt erst aushalten lässt; Patente auf diese gentechnisch veränderten Pflanzen garantieren, dass sich derlei Investitionen auch rechnen; Sicherheitsmaßnahmen und Schadstoffbegrenzung umgekehrt erhöhen die Kosten.

 

Kein Wunder, dass so mancher in der Marktwirtschaft auf der Strecke bleibt, sich so manche „Lebenssituation“ sich unter den herrschenden marktwirtschaftlichen Bedingungen einigermaßen schwierig gestaltet. Wer ohne oder mit zu wenig vom alles entscheidende Konkurrenzmittel Kapital in die Konkurrenz einzutreten gezwungen ist, wie die herbeizitierten Kleinunternehmer, der muss in einer Wirtschaft, in der sich alles ums Geld dreht, unterliegen.

 

Diese Rechnungsweise greift ausdrücklich nicht an, wer für Fair Trade eintritt und derlei Produkte kauft. Er möchte die Geldrechnung nicht abschaffen sondern ihre negativen Wirkungen umgehen, indem er sich ihr akkommodiert. Durch die Zahlung von ein paar Euro mehr für das Kilo Kaffee soll ein Zeichen gesetzt und dem Markt gezeigt werden, wie ein „fairer“ Preis wirklich aussieht.

 

Der Schaden, der daraus resultiert, dass es in der marktwirtschaftlichen Produktion um die Vermehrung vorgeschossenen Kapitals geht, soll nicht dadurch abgestellt werden, dass man den Zweck dieser Wirtschaftsweise angreift, sondern dadurch, dass man ihn ausnutzt. Wenn schon nichts passiert, ohne dass daran verdient wird und alles sofern daran etwas verdient wird, dann muss umweltfreundliches, faires, kurz „gutes“ Produzieren eben zum Geschäft gemacht werden.

 

Nur leider haben die derart angegangenen Zustände rein gar nichts mit mangelnder Fairness zu tun. Niemand will schließlich einen fairen Preis! Nicht derjenige, der sein Produkt verkaufen will. Der will keinen fairen Preis sondern einen möglichst hohen. Am Verkaufserlös entscheidet sich schließlich sein weiteres Schicksal – seine „Lebenssituation“. Aber auch der Kunde ist nicht an einem fairen Preis interessiert, sondern an einem möglichst niedrigen – das legt ihm schon sein gar nicht zufällig immer zu kleiner Geldbeutel gebieterisch nahe. Auch seine Lebenssituation entscheidet sich schließlich unter anderem daran, was er sich an Genüssen leisten kann. Die Kategorie „fairer Preis“ passt auf das, worum sich unsere Wirtschaft dreht, einfach nicht.

 

2.

Sehr gut passt diese Idee aber zu Christian Felbers Behauptung, nicht die Form des Reichtums sondern die verkehrte Anreizstruktur, der die Menschen ausgesetzt sind, wäre Grund des Übels der Welt. Er will sich allerdings nicht auf die Freiwilligkeit des Fair-Trade-Kaufs verlassen, weswegen er der richtigen Kaufentscheidung durch einen negativen Anreiz in Gestalt eines Zollaufschlags auf Nicht-Fair-Trade-Produkte ein wenig auf die Sprünge helfen möchte.

 

Gewinn und Bestand all der guten, weil fair produzierenden Unternehmen – bis hin zum bekannten österreichischen Produzenten hochpreisiger Schokolade – wäre endgültig gesichert, wenn mittels Zollaufschlag die Konkurrenz durch Billiganbieter ausgeschaltet würde. Den Kunden, der sich Schokolade dann vielleicht wirklich nur mehr zu Weihnachten leisten kann, wird’s freuen, hält doch dafür etwas viel wichtigeres Einzug in die Gesellschaft: Fairness. Die hat eben ihren Preis, verlangen die ehernen marktwirtschaftliche Gesetz einfach, dass das Interesse, das zuallererst zum Zuge kommen muss, das Interesse der Unternehmen ist, ihr investiertes Geld zu vermehren.

 

Genauso so ist sie gemeint, die Gemeinwohlökonomie. Solidarität, Empathie, Teilen, Verzicht wirklich gelebt. Dass bringt zwar keinen Kaffee auf den Frühstückstisch und keine Schokolade auf den Weihnachtsbaum – eher schon wird all das zur nur mehr selten leistbaren Mangelware – dafür die sichere Gewissheit, dass das Elend am anderen Ende der immer noch globalisierten Welt wenn schon nicht behoben so doch wenigstens ganz fair verteilt ist.