GegenStandpunkt & Diskussion
Prof. Albert Krölls (Hamburg)
Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit: So gut wie ihr Ruf?
Donnerstag 25.11.2010 um 19:30 im Neuen Institutsgebäude (NIG) HS 2
1010 Wien, Universitätsstraße 7
Seit den Tagen der französischen Revolution haben die Ideale der bürgerlichen Gesellschaft nichts von ihrer ideologischen Strahlkraft eingebüßt. Bei den Anhängern dieser besten aller möglichen Gesellschaftsordnungen ohnehin nicht. Aber auch bei den linken Kritikern des demokratischen Kapitalismus erfreut sich insbesondere die Freiheit allerhöchster Beliebtheit. Für Freiheit, den Fixstern am Wertehimmel der bürgerlichen Gesellschaft, ist einfach jeder: Anarchisten, Kommunisten und Sozialisten. Solche Kritiker haben nichts Besseres im Programmangebot, als alle sozialen Missstände, die auf dem Boden der freiheitlichen Gesellschaftsordnung existieren, auf die mangelnde Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zurückzuführen. Beim Lauschangriff oder bei der Observierung von Demonstrationen sehen sie den Staat als Gegner der Freiheit unterwegs, und Gleichheitsdefizite entdecken sie etwa beim Lohnniveau der Frauen. Die Verarmungspolitik durch den real existierenden Sozialstaat nehmen sie zum Anlass nach einem echten zu rufen. Die freiheitlich-marktwirtschaftliche Realität erscheint in dieser Optik als ein einziger Verstoß gegen die Prinzipien der bürgerlichen Gesellschaft.
Marx hatte vor 150 Jahren eine solche Kapitalismuskritik im Namen
von Freiheit und Gleichheit noch als "Albernheit der (utopischen) Sozialisten"
verspottet, moderne Systemkritiker sind anscheinend dem Glanz dieser heiligen
Dreieinigkeit hoffnungslos verfallen.
Anlass genug zur Klärung, was es mit den Grundwerten der bürgerlichen Gesellschaft im 21. Jahrhundert auf sich hat. Ein paar Thesen vorweg: